Vorsorgevollmacht und Betreuung als Hindernisse für Erberschleichung

In gewissem Sinne kann die Erberschleichung auch dadurch verhindert werden, dass für den Fall, dass der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, aus gesundheitlichen Gründen seine Angelegenheiten zu regeln, er eine Vorsorgevollmacht der Person gibt, zu der er besonderes Vertrauen besitzt.

In der Vorsorgevollmacht kann er seine Vermögensverhältnisse, seine ärztliche Versorgung und seinen Aufenthalt regeln. Er kann in der Vorsorgevollmacht untersagen, dass Besuchsverbote ausgesprochen werden. Er kann mehrere Personen als Bevollmächtigte einsetzten, um eine gegenseitige Kontrolle zu erreichen.

Mit der Vorsorgevollmacht verhindert der Betroffene, dass er Gegenstand eines unter Umständen länger andauernden Rechtstreits wird, der erhebliche Kosten verursacht. Durch die Vorsorgevollmacht wird zugleich das gerichtliche Betreuungsverfahren abgewendet.

Die Vorsorgevollmacht sorgt vor und steht einem Betreuungsverfahren entgegen!

Gerade dieses gerichtliche Betreuungsverfahren führt oft zur Beeinträchtigung der Privatsphäre, da ein fremder Dritter als Betreuer sofort in den Wohnbereich des Betroffenen eindringen darf, Vermögenswerte an sich nehmen muss, diese Vermögenswerte verwaltet und über die letzten Monate oder Jahre im Leben des Betroffenen entscheidet, insbesondere welche Kleidung der Betroffene trägt, wie viel Geld ihm zur Verfügung steht und welches Essen er zu sich nehmen kann.

Die Vorsorgevollmacht wird genauso wie die Patientenverfügung, die letztendlich beschränkt nur die medizinische Versorgung regeln soll, begrifflich oft mit der sog. Betreuungsverfügung verwechselt. Es sollen hier nochmals die einzelnen Begriffe dargestellt und gegenübergestellt werden, wobei darauf hingewiesen wird, dass in vielen anderen Publikationen die Begriffe verwechselt werden.

Es gibt eine Betreuungsverfügung. Mit dieser Betreuungsverfügung kann jeder Volljährige in Deutschland anordnen, wer im Notfall sein gerichtlicher Betreuer wird. Er verhindert damit nicht das gerichtliche Betreuungsverfahren. Er wirkt aber dagegen, dass eine fremde Person, die er nicht kennt, sein Betreuer wird. Jeder kann sich jetzt schon um einen Betreuer kümmern. Die entsprechenden Anschriften von Betreuern gibt das örtlich zuständige Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) heraus. Der Betroffene kann demnach mit dem Betreuer jetzt schon durchsprechen, was er später will und wie er leben möchte. Für Betreuungsverfügungen muss man nicht geschäftsfähig sein.

Man unterscheidet drei vorsorgende Vollmachten: Vorsorgemollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung!

Alternativ dazu gibt es die Vorsorgevollmacht. Diese Vorsorgevollmacht schaltet das gesamte Betreuungsverfahren aus. Die rechtlichen und tatsächlichen Entscheidungen, die man in den letzten Monaten oder Jahren seines Lebens vornehmen will, übergibt man einer oder mehreren Personen seines Vertrauens. Zu regelnde Bereiche sind meistens die Vermögenssorge, der Aufenthalt und die ärztliche Versorgung. Die Vorsorgevollmacht muss nicht handschriftlich sein.

Sie kann auf einem Vordruck erklärt und unterschrieben werden. Empfehlenswert ist es, dass eine weitere Person, am besten ein Arzt bestätigt, dass die Geschäftsfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt bestand.

Man sollte sich hier viel Zeit nehmen und in Zusätzen formulieren, was man gerne anziehen möchte, wem man gerne etwas schenken will, welche Art von Essen man bevorzugt. Man muss seine gesamte Lebensweise niederlegen, damit der Bevollmächtigte über alles Bescheid weiß. Bei nahestehenden Bevollmächtigten dürfte das relativ einfach sein, weil diese meist aus dem engeren Familien- und Freundschaftskreis kommen und den Vollmachtsgeber kennen.

Je genauer die eigenen Bedürfnisse geregelt werden, desto besser ist das für den Betroffenen!

Auch im Rahmen der Betreuungsverfügung ist es notwendig, solch ausführlichen Hinweise zu geben, weil es sich bei den aufgeführten Betreuern meistens um Personen handelt, die man nicht so gut kennt und diese Personen als spätere Betreuer dennoch über das gesamte Leben des Betroffenen entscheiden können. Insoweit schließen sich eine Vorsorgevollmacht und die Betreuungsverfügung aber begrifflich aus.

Als Zwischenergebnis ist deshalb folgendes festzuhalten:

Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung sind sog. vorsorgende Vollmachten, die unabhängig vom konkreten Sachverhalt der Erberschleichung entgegentreten und damit für jeden Sinn machen, da sie wichtige Fragen des Lebens, entsprechend dem Willen des Betroffenen regeln. Man kann mit diesen Erklärungen sein weiteres Leben bestimmen und damit zumindest im Ansatz eine spätere Einflussnahme des Erberschleichenden oder einen Missbrauch durch den Vollmachtsnehmers oder Betreuer verhindern. Es gibt aber natürlich auch Probleme in diesem Bereich.

Die Vorsorgevollmacht eignet sich schlecht zur Absicherung vor Erberschleichung, da der Erberschleichende fast immer in der Lage ist, einen Widerruf der Vorsorgevollmacht zu erreichen. Hiervon zu unterscheiden ist die Patientenverfügung, die über die gesundheitliche Versorgung entscheidet und Richtlinien geben soll, wie man in den letzten Stunden seines Lebens, wenn der Sterbevorgang unwiderruflich eingesetzt hat, behandelt werden will.

Das kann nicht so einfach rückgängig gemacht werden. Wichtig ist auch, dass die Erklärungen aufgrund der Einflussnahme eines Dritten dann nicht mehr zurückgenommen werden können, wenn der Betroffene bereits nicht mehr geschäftsfähig ist.

Die Vorsorgevollmacht verhindert in manchen Fällen eine mögliche Erberschleichung.

Bezüglich der Vorsorgevollmacht ist weiter darauf hinzuweisen, dass eine große Anzahl verschiedener Formulare und Vordrucke existiert, die rechtlich nicht hilfreich sind. Vorsorgevollmachten, die damit beginnen: „Für den Fall, dass ich nicht mehr im Besitz meiner geistigen Kräfte bin“ sind nachteilig. Denn zur Feststellung der Wirksamkeit dieser Vollmacht wird letztendlich die Entscheidung durch ein Gericht benötigt, inwieweit der entsprechende Fall eingetreten ist. Gerade diese Rechtsunsicherheit sollte aber vermieden werden. Wie soll beispielsweise ein Bankmitarbeiter, dem man eine derartige Vollmacht vorlegt, wissen, ob diese wirksam ist oder nicht.

Wie wichtig vorsorgende Vollmachten (Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung) in der Praxis sind, zeigt unabhängig von der Situation der Erberschleichung die Entscheidung des BGH vom 17.03.2003, AZ XII ZB 2/03.

In diesem Fall hatte ein 72-Jähriger infolge eines Herzinfarkts schwerste und irreversible Gehirnschäden davongetragen und lag demzufolge im Koma. Seit dem Herzinfarkt wurde er mit einer Magensonde ernährt. Der als Betreuer bestellte Sohn verlangte, dass die künstliche Ernährung eingestellt werden sollte, da eine Besserung des Zustands nicht zu erwarten war. Das begründete der Sohn mit einer zwei Jahre alten Patientenverfügung des gesundheitlich geschädigten Vaters, in der die Einstellung der Ernährung für einen solchen Fall angeordnet war.

Der BGH hat festgestellt, dass der Sohn als Betreuer mit Blick auf die beantragte Einstellung der lebensverlängernden Behandlung (der Ernährung) der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts bedarf. Das Vormundschaftsgericht ist deshalb zur Entscheidung berufen, muss sich aber bei Feststellung des Willens des Betroffenen grundsätzlich an eine vorliegenden Patientenverfügung halten. Das grundgesetzlich geschützte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen schützt diesen, sodass seine Patientenverfügung zu beachten ist.

Das gilt auch dann, wenn in dieser die Einstellung lebensverlängernder Maßnahmen verlangt wird. Zugleich ist der Betreuer an diesen Inhalt der Betreuungsverfügung gebunden.

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