Wie bereits mehrfach mitgeteilt, liegt ein zentrales Problem bei Erbschleicherfällen darin, dass Notare häufig zu unkritisch die Testamentserrichtung durchführen. In solchen Fällen sollte dann auch eine Notarhaftung kritisch geprüft werden. Fälle, in denen sich eine unzureichende Notartätigkeit aufdrängt, können beispielsweise vorliegen, wenn
nicht der eigentlich zuständige Notar, sondern nur ein amtlich bestellter Vertreter ohne Sachverhaltsvorkenntnisse beurkundet (1),
der Notar nicht ausreichend darauf achtet, inwieweit Drittpersonen bei der Beurkundung Einfluss auf den Betroffenen nehmen, beispielsweise durch die bloße Anwesenheit oder das Bringen des Betroffenen zum Notar (2),
der Notar sieht, dass der Testamentsentwurf, die Terminvereinbarung und / oder die Zahlung der Notarkosten nicht durch den Betroffenen, sondern eine Drittperson veranlasst wird (3),
der Notar sich auf Initiative einer Drittperson in ein Krankhaus, Pflegeheim und zum Betroffenen nach Hause begibt (4),
der Testamentsentwurf ungewöhnliche Klauseln zum Nachteil der eigentlichen Erben (aus der Familie) enthält (5),
ein „pro-forma-Attest“ zur Bestätigung der vermeintlichen Testierfähigkeit durch die Drittperson vorgelegt wird (6).
Wir fordern, dass der Notar in diesen Fällen besonders kritisch agiert und eine umfassende Beratung des Betroffenen über den Inhalt des Testaments vornimmt. Es genügt hier nicht, dass der Notar die Testamentsurkunde lediglich vorliest und kurz erläutert. Es muss eine längere Besprechung erfolgen. Weiterhin ist darauf hinzuwirken, dass eine Beeinflussung des Betroffenen durch die Drittpersonen unterbleibt. Bei Vorliegen eines „pro-forma-Attests“ sollte der Notar bei dem bescheinigenden Arzt konkret nachfragen und insistieren.